Die Inklusivbenutzer

Wie viele E-Mailpostfächer bei wie vielen Anbietern habe ich wohl schon angelegt? Dutzende mindestens. Vom Premium Mailaccount für Businesskunden bis zur Freemail beim Gratishoster mit Megaspamgarantie war alles dabei. Und natürlich habe ich auch schon Postfächer auf selbst installierten Mailservern eingerichtet und administriert. Natürlich unterscheiden sich die Vorgehensweisen immer ein bisschen, aber das ganze gehört nicht in die Rubrik „Raketenwissenschaft“, sondern zur ganz normalen Feld-Wald-und-Wiesen-IT. Dachte ich jedenfalls bis heute Nachmittag.

Meine Kunden haben ihren DSL-Anschluß und auch die bislang benutzte Mail-Adresse beim magenta-farbenen Riesen mit dem T und den 4 Punkten. Nun sollen neue Adressen für zwei zusätzliche User angelegt werden, und zwar so, dass jeder die Mails des jeweils anderen nicht zu sehen kriegt. Kein Problem, denke ich mir mit nicht mehr ganz so jugendlichem Leichtsinn, das ist eine Sache von 5 Minuten.

Klar ist, dass nicht nur Aliase der bestehenden Adresse angelegt werden müssen, denn das geht auch bei der Telekom so, wie ein Normalmensch sich das vorstellt. Nein, jeder Nutzer braucht wirklich ein eigenes Postfach. Ich suche also das Webangebot der Telekomiker nach der Postfachverwaltung ab. Fehlanzeige. Eine Umfrage bei Google ergibt schließlich den entschiedenen Hinweis, die Funktion nennt sich „Inklusivbenutzer“ und die geht so:

Man wählt die Option aus und legt sie in den Warenkorb (?). Dann öffnet man den Warenkorb, sieht dass die ganze Chose 0,00 € kostet und fährt im Bestellvorgang fort (??). Die Telekom bedankt sich für die Bestellung und schickt dem Besteller eine Bestätigungsmail (???). Darin heißt es, dass der Vorgang bis zu drei Tage dauern kann. Drei Tage für ein Postfach (!). Tatsächlich erhält der Besteller aber 15 Minuten später eine weitere Mail, die die Ausführung des Vorgangs vermeldet. Super, dann ist es zwar ein bisschen merkwürdig, aber man bekommt das, was man möchte in einem angemessenen Zeitrahmen. Ich richte also den ersten Inklusivbenutzer fertig ein und will den zweiten sofort nachschieben.

Und jetzt, liebe Freunde, Verwandte und sonstige Mitleser, beginnt das tragische, nein eigentlich tragikkomische Kapitel in dieser Geschichte, denn die Chancen stehen gut, dass die Einrichtung von Inklusivbenutzer 2 wirklich drei Tage dauern wird. Der Bestellvorgang verläuft so wie eben beschrieben, aber sobald ich den Konfigurations-Link klicke steht dort nur der Inklusivbenutzer 1, der zweite steckt irgendwo in den T-Servern fest.

Nach zwei Stündchen Kampf rufe ich den Support an. Es ist kurz nach 23 Uhr, entsprechend müde klingt der Hotline-Mensch. Ich entschließe mich angesichts der Uhrzeit ganz lieb zu sein: „Hallo Herr B., so spät und wir beide müssen noch arbeiten.“ Dann folgt eine längliche Schilderung des Problems. Herr B. notiert eifrig, macht „hm-hm“ und „aha“ und versucht die Kollegen in der Technik zu erreichen. Ich soll dran bleiben und tatsächlich ist noch eine Technikerin vor Ort, aber die meint, die zugehörige Programm-Routine würde nur bis 22Uhr ausgeführt. Wir erfahren, dass bei der Telekom das Internet um 10 abgeschaltet wird, also jedenfalls teilweise. Herr B. verfasst ein „Service-Ticket“, nimmt meinen Namen, meine Festnetz- und Mobilnummern auf und kündigt einen Anruf am nächsten Morgen an.

Als ich am nächsten Morgen unter der Dusche stehe, läutet das Telefon. Ich husche splitterfasernackt, nass wie ein Sack und frierend Richtung Aparillo. Es ist aber nicht die Telekom, sondern meine Kundin, die gerade einen Anruf von einem hochmotivierten Telekomiker hatte, der sie frug, ob man die Angelegenheit noch mal gemeinsam durchgehen könne. Tja, welche Angelegenheit, sie steht natürlich im Wald. Was da denn im Schwange sei, will sie wissen. Ich erkläre, tropfend, stärker frierend. Sie fragt nach. Ich hole weiter aus, weniger tropfend, aber noch stärker frierend. Ich versichere die Sache zu einem guten Ende zu bringen. Wir legen auf. Ich muss niesen, mehrfach. Spitze.

Inzwischen haben weitere Telefonanrufe, E-Mails und Seitenbesuche stattgefunden. Inklusivbenutzer 2 ist noch nicht aus der Deckung gekommen. Wahrscheinlich haben die T-Koms ihn in Geiselhaft genommen, um meinen Willen zu brechen. Wir haben 2014. Die Deutsche Telekom braucht mehr als 24 Stunden, um ein Postfach anzulegen. Hurra.

Note to self: Doch wacher und deutlich leistungsbereiter. Noch ein paar Wochen also. Musik: Kapitan Korsakow, dEUS, Mogwai, Korvus, Clutch.

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